Wiesers EIE – What else

Der EHC Illnau-Effretikon (EIE) reist dienstags mit gewichtigem Gepäck in Form des ersten Matchpuck nach St. Moritz. Die Zürcher Oberländer lieferten samstags vor rekordverdächtiger Kulisse im heimischen Eselriet das Spiel der Spiele und bezwangen mit ihrer besten Saisonleistung St. Moritz erneut – diesmal 4:0 (0:0, 2:0, 2:0). In der Achtelsfinal Playoff-Serie steht es nun 2:1 für den EIE. EIE-Headcoach Dieter Wieser lobte die überragende Kollektivleistung seiner Truppe.

 Bericht: Heinz Minder, Effretikon

 

Das Warten vor jedem Spiel, bis es endlich los geht, dazwischen die zwei Pausen, sie zerreissen Dieter Wieser jeweils fast. Nachdem sein persönliches Ritual, vor jeder Heimpartie einen Mohrenkopf zu verdrücken, gegen Dürnten Vikings in den Gruppenspielen zu einer Niederlage führte, verzichtete Wieser, abergläubisch wie viele Spieler, fortan auf diese Genüsslichkeit. Nun, im zweiten Playoff-Heimspiel gegen St. Moritz genehmigte sich der EIE-Headcoach einen Espresso im Stil von George Clooney. Playoff- What else! Dass er während den nächsten drei Drittel fast an einem Herzkasper gestorben wäre, war fast nachvollziehbar. Das zweite EIE-Heimspiel innert Wochenfrist war erneut nichts für Leute mit schwachen Nerven. Knallharte, ja schon fast unerbittlich geführte Zweikämpfe, aggressiver Körperkontakt, verbissene Duell Mann gegen Mann, rasante Offensiveinsätze, kompromisslose Defensivarbeit, Ausschlüsse, Powerplayphasen, teils mit einem oder zwei, in der Schlussphase gar drei Mann weniger auf dem Eis(!), alles wurde dem treu und zahlreich aufmarschiertem Publikum geboten.

Trotz „früher“ Heimkehr – Abschlusstraining am gleichen Abend

Am Donnerstag hatte Illnau-Effretikon im Engadin viele Chancen nicht genutzt und wurde am Ende in der kurzen Verlängerung nach 43 Sekunden für die generösen Unterlassungssünden brutal bestraft. 2:3 Niederlage. Späte Heimreise. Wunden lecken. What else. Neues Spiel. Neue Hoffnung. „Wir sind präsent“, bestätigte Wieser vor Spiel. Trotz der Tatsache, in der Nacht von Donnerstag auf Freitag erst gegen 0300 Uhr wieder im heimischen Eselriet angekommen zu sein, fand am gleichen Tag das Abschlusstraining statt. „Wir haben nochmals hart trainiert“, so Dieter Wieser. Sein Team hatte im dritten Match gegen St. Moritz in der entscheidenden Phase die grösseren Kräftereserven. Diese waren nicht nur auf einzelne Spieler verteilt. Wiesers Geheimnis der Saison 2015/16 ist die Kollektivstärke auf hohem Level.

Packend, dramatisch, hoch spannend

War das ein packendes Spiel. Hoch dramatisch. Heiss umstritten. Mit der Schlüsselszene im zweiten Abschnitt. Vielleicht Match entscheidend. Schon im Startdrittel verbissen sich beide Mannschaften wieder im knallharten, kompromisslosen Zweikampfverhalten. Die Einen verschafften sich Respekt, die Anderen verpufften Kräfte. Geschenke gab es keine. Kein Team wollte gewinnen. Beide waren auf Siegeskurs. Jeder wollte den Vorteil der 2:1 Führung in der Serie. Das Auf- und Ab im Startdrittel endete mit einem torlosen Spielausgang. Doch spannend, hektisch und dramatisch war es alle mal. Beim EIE stand Dennis Volkart im Tor. Sicher wie eine Wand. Unbezwingbar. Was strahlte der EIE-Keeper in diesem hoch dramatischen Match für eine stoische Ruhe aus. Soll kommen was wolle. What else! Volkarts Sicherheit übertrug sich auf die Vorderleute. Wie ein Funken erfasste es das Team. Was vor das EIE-Tor kam, wurde abgeräumt. Direkt. Schnörkellos. Ohne Risiko. Hinaus und nach vorne, aber nicht kopflos, sondern mit dem Versuch des direkten und schnellen Spielaufbaues. Und dies nicht teils wie die St. Moritzer eben, lanciert auf ihre speziellen Keyplayers, wie Koch, Captain Wolf, oder Donati. Einzelne seiner Teamleader musste Coach Adrian Gantenbein wie in den beiden ersten Partien speziell forcieren. Das wurde den Gästen am Ende zum Verhängnis. Illnau-Effretikon ist in dieser Playoff-Serie von der Kaderbreite auf gleich hohem Niveau wesentlich breiter aufgestellt. Und diesmal zogen die EIE-Schützen. Thomas Korsch, beispielsweise mit zwei Toren und einem Assist. Diesen Akteur wollte Dieter Wieser am Ende nicht einzeln loben. Nein. „Wir haben heute einen sensationellen Match gespielt. Hinten wieder Grundsolid, mit Shutout noch dazu und das gegen einen so starken Gegner. Was für eine sackstarke Teamleistung“. Jeder seiner Spieler „hat heute von A bis Z seine persönliche Stärke ausgespielt“.

Psychologischer Vorteil: 1:0

Nachdem das torlose Startdrittel bereits Schnee von gestern war, allen aber bestätigte, dass es auch in dieser Partie absolut nicht zum Zuckerlecken kommen wird und man zu keinem Zeitpunkt des Geschehens von einem lockeren Spaziergang reden konnte, gelang Illnau-Effretikon anfangs Mitteldrittel das wichtige Führungstor, erzielt durch Steven Schmid auf Zuspiel von Yves Brasser. 1:0. Psychologischer Vorteil für den Heimklub. St. Moritz forcierte sein unbändiges Forechecking nochmals, liess dem EIE kaum Zeit und Luft, eigene Entlastungsangriffe aufbauen zu können. Nach mehreren kleineren Scharmützeln explodierte dann die Stimmung im Eselriet kurz nach dem 1:0. Die erste handfeste Auseinandersetzung zwischen EIE-Verteidiger und Gianni Donati, der den EIE donnerstags in der Verlängerung mit seinem Tor bodigte, endete damit, dass beide Streithähne mit Spieldauer-Disziplinarstrafe vorzeitig unter die Dusche konnten (24.).

Doppelausschlüsse überstanden 

Gleich darauf die vielleicht Spielentscheidende Szene. Respektive, die wichtigsten Minuten im ganzen Treffen. Erst musste EIE-Stürmer Carlo Fäh wegen eines Crosscheck raus. 39 Sekunden später folge Verteidiger Philippe Grolimund. St. Moritz, bei 0:1 Rückstand nun 81 Sekunden mit doppelter Überzahl. Es kam noch schlechter. Noch bei Ausschluss von Fäh, pflückten die Unparteiischen nun auch Steven Schmid wegen eines Crosschecks. St. Moritz stürmte. Volkart behielt die Ruhe. Vergebliches Anrennen. Dieter Wieser lobte am Schluss „unser wirklich fast perfekt funktionierendes Boxplay“. Unterzahl? What else! Der EIE überstand mit unbändigem Einsatz seiner Spieler die kritische Phase. Dann rauften Muspach und Camichel. Der heimische Stürmer kassierte Zwei, plus Zwei-Minuten, der Bündner „nur“ einen Zweier. Illnau-Effretikon wieder in Unterzahl. What else. Wieder kein Gegentreffer. St. Moritz wirkte hektisch, ungeduldig, vielleicht abermals ideen- und ratlos. Kaum war die Wieser-Truppe komplett, der eiskalte Konter. Captain Michael Sommer realisierte erstmals in dieser Playoff-Serie einen Zweitore-Vorsprung des EIE über St. Moritz (38.). Kurz nach Wiederbeginn- und vor Ende des Mitteldrittels glückte Illnau-Effretikon zwei vorentscheidende Treffer.

Mit Haken und Ösen

Die Zweikämpfe wurden weiter höchst verbissen, mit Haken und Ösen, teils aber auch mit vielen versteckten Foulspielen ausgeführt. Die beiden Schiedsrichter waren gefordert. Sahen einiges nichts. What else! Playoff-Spiele sind verbissen. Haben ihre eigenen Gesetzte. Siegen oder Sterben. Und das wollte keines der beiden involvierten Teams. So wurde im Hockeykrimi ein weiteres Kapital im Schlussdrittel geschrieben. St. Moritz kam mit dem Rücken zur Wand aus der Garderobe und musste nun alles riskieren. Illnau-Effretikon zeigte kaum schwächen. Wirkte geradezu euphorisch. Wollte diesen zweiten Heimsieg unter allen Umständen. Dann musste Harrison Koch, der Schlüsselspieler der Bündner, in die Kühlboxe. Powerplay. Das, was der EIE in dieser Saison oftmals so schlecht zeigt. Auch in diesem Spiel. Doch dann die Showeinlage von Thomas Korsch. Um kurvte das Tor von Mathis, wurde mit aggressiver Störarbeit des Gegners abgedrängt, drückte trotzdem ab. Der Puck fiel einem reifen Apfel gleich vom Ast hinter Mathis und der Querlatte vom Netzhimmel runter. 3:0 (45.). Die Halle tobte.

Drei EIE Spieler gegen sechs Gäste……alles oder Nichts 

Der Höhepunkt folgte in der Schlussphase. Vergeblich blieb das Anrennen der Gäste. Denen lief die Zeit und der EIE davon. Die hatten noch immer Kraft. Rannten, nachdem sich gemeinsam erfolgreich mit vereinten Kräften verteidigt hatten, noch immer ungestüm und temposchnell in die Offensive. Lorenz Kuhn musste kurz vor Schluss raus. Dann auch Fabian Brockhage wegen angeblicher Spielverzögerung. St. Moritz wieder in doppelter Überzahl. Adrian Gantenbein nahm sein Time-out (55.42) und pokerte hoch. Es gab Anspiel vor Volkart. St. Moritz Coach Gantenbein brachte einen weiteren, sechsten Feldspieler und nahm Torhüter Mathis vom Feld. Alles – oder nichts. What else! Nun kämpften drei EIE-Spieler gegen sechs Moritzer. Thomas Korsch krallte sich nach einigen Versuchen den Puck und spedierte diesen ins verlassene Tor. Höchststrafe zum 0:4. What else. Das Spiel war für die Bündner damit verloren.

Matchpuck wird im Car verladen

Am Dienstag geht es weiter. „Ich bin froh, dass wir jetzt 2:1 in der Serie führen. So fahren wir dienstags etwas beruhigter ins Engadin“. Der EHC Illnau-Effretikon holte sich den ersten Matchpuck. Gelingt dem EIE dienstags der dritte Sieg nicht – What else. Dann steigt eben donnerstags das fünfte Spiel – dann wieder mit Heimvorteil für den EIE und dieser hat nun zwei Mal vor heimischem Publikum gewonnen. Warum also im schlechtesten Fall eines fünften Spieles nicht dieser Serie treu bleiben? What else!

 

Illnau-Effretikon – St. Moritz 4:0 (0:0, 2:0, 2:0).- Eishalle Eselriet (Effretikon).- 287 Zuschauer.- SR: Alessandro Gianinazzi/Matteo Bianchi.- Tore: 22. Schmid (Brasser) 1:0. 38. Sommer (Korsch) 2:0. 45. Korsch (Ausschluss Koch) 3:0. 58. Korsch (Doppelausschlusss Brockhage und Fäh, St. Moritz zudem ohne Torhüter Mathis, dafür mit sechstem Spieler, ins leere Tor) 4:0.- Illnau-Effretikon: Volkart (Lüscher); Nicola Gretler, Brockhage, Gabriel Gretler, Grolimund; Brasser, Schmid; Giacomelli; Grösser, Andersen, Fäh; Sommer, Korsch, Muspach; Vögeli, Bolli, Wieser; Kuhn.- St. Moritz: Mathis (Lony); Gerber, Wolf; Men Camichel, Tempini; Biert, Heuberger; Luca Roffler, Koch, Donati; Litscher, Brenna, Hauenstein; Lenz, Deininger, Heinz; Marco Roffler, Altorfer.- Strafen: Illnau-Effretikon 10-mal 2 Minuten, plus 1-mal 5 Minuten plus Spieldauer-Disziplinar (Gabriel Gretler); St. Moritz 8-mal 2 Minuten, plus 1-mal 5 Minuten plus Spieldauer-Disziplinar (Gianni Donati).- Bemerkungen: Illnau-Effretikon ohne Schlatter und Förderreuther (beide verletzt); Müller (krank),- 55:42 Time-out St. Moritz und ab diesem Zeitpunkt ohne Torhüter Mathis, mit sechstem Feldspieler (bei Doppelausschluss Illnau-Effretikon Brockhage und Fäh; 57.32 Korsch erzielt bei mit 3:6 Spieler in Dreifach-Unterzahl(!) das 4:0. St. Moritz ab 57:32 wieder mit Torhüter Mathis.- Playoff-Stand Serie Achtelsfinal (Best-of-five) Illnau-Effretikon – St. Moritz 2:1.- Nächstes, viertes Spiel, Dienstag, 16. Februar 2016, Kunsteisbahn Ludains, St. Moritz, Spielbeginn 20 Uhr.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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