Katerstimmung – statt Freudentaumel

 EIE ausgeschieden – 1:3 Heimniederlage gegen St. Moritz

Um 22.21 Uhr endete die Hockeysaison 2015/16 für den EHC Illnau-Effretikon (EIE). Die Zürcher Oberländer verloren die Finalissima vor 327 Zuschauern im heimischen Eselriet gegen ein erneut entfesselt auftretendes St. Moritz mit 1:3 (0:0, 1:3, 0:0). Die Entscheidung fiel diesmal im Mitteldrittel, herbeigeführt durch die Paradelinie der Engadinern und eingeleitet durch zwei Tore ihres Captain Marc Wolf (30./37. Spielminute). St. Moritz trifft nun samstags auf Uzwil, welches Luzern mit einem 4:3 Heimsieg ebenfalls im fünften Spiel aus den Playoffs warf. Schwer enttäuscht zeigte sich Dieter Wieser über das Ausscheiden seiner Mannschaft – gestand aber, dass „wir am Scheitern und erneut frühen Aus selber Schuld sind, weil wir wiederum viele Chancen nicht genutzt haben und zu Hause lediglich einen einzigen Treffer zu Stande brachten“.

 

 

Bericht: Heinz Minder, Effretikon

 

Neues Spiel – neue Hoffnung – letztes Spiel – letzte Chance – Verlieren und Sterben – Siegen und weiter Träumen. Donnerstags ging es zwischen dem EHC Illnau-Effretikon (EIE) und St. Moritz weiter. Zum kapitalsten Match der ganzen Saison 2015/16. Im dritten Heimspiel waren es nun die EIE-Spieler, welche sich bei ihrem treuen Heimpublikum rehabilitieren wollten. War das zweite Spiel in St. Moritz – wo es dienstags die zweite Niederlage in Folge gab, nur ein Ausrutscher? Donnerstags lag es in den Köpfen, den Händen und den Schlittschuhen der EIE-Spieler. Die Chance zweier ausgeglichen starken Mannschaften war wohl 50:50, auch wenn der EHC Illnau-Effretikon die letzten beiden Partien gegen St. Moritz im Eselriet jeweils für sich entscheiden konnte. Doch die Ausgangslage ist ob der Brisanz der Spieles war im Final Countdown völlig offen. Musste die Tagesform darüber entscheiden, wer in den Viertelfinal einziehen würde?

Das 13. Drittel ausgeglichen und torlos

Als ob es nie eine Pause gegeben hätte, schloss sich das 13. Drittel lückenlos an die vorherigen Spielabschnitte an. Illnau-Effretikon war wiederum auf einigen Positionen leicht verändert, denn im Unterschied zum letzten Spiel vom vergangenen Dienstag waren bei den Platzherren der zuletzt gesperrte Gabriel Gretler und als zusätzliche Offensivkraft Carlo Fäh wieder mit dabei. Der EIE erkämpfte sich im rassigen und intensiven Startabschnitt wiederum ein Chancenplus, hatte aber das Visier noch schlecht justiert. Die ersten zwei Ausschlüsse von Luca Ruffler gleich zu Beginn (2.) und Koch (12.) konnte der EIE mit seiner bekannten Powerplayschwäche noch nicht nutzen. In den drei letzten Minuten vor Ende des Startdrittels kam Illnau-Effretikon durch Vögeli, Grösser, Gabriel Gretler und Schmid zu exzellenten Möglichkeiten. Die Hoffnung, mit dem psychologisch wichtigen Führungstreffer in die erste Pause gehen zu können, erfüllte sich nicht.

 Paukenschlag im Mitteldrittel

Die Finalissima wurde im zweiten Abschnitt richtig lanciert. Da machten die Gäste unheimlichen Druck und jubelten kurz nach Wiederbeginn, als Heinz Volkart prüfte. Wo der EIE-Keeper die Scheibe hatte, wusste keiner. Ein Riesengewühl herrschte vor dem EIE-Tor. Der Jubel bei den St. Moritzern war vergeblich, die Hauptprobe allerdings schon mal gemacht (22.). Die Szene war die Ouvertüre einer grossen Drangperiode in welcher die Bündner eine starke Aggressivität auf das Eis brachten und Illnau-Effretikon noch und noch in arge Verlegenheit brachte. Der Führungstreffer zeichnete sich ab und war nur noch eine Frage der Zeit. Illnau-Effretikon hatte grosse Mühe, sich aus dem gegnerischen Würgegriff entziehen zu können. Es brannte  nun mehrfach lichterloh vor Volkart. Noch hielt der EIE-Keeper dem Druck stand. Marc Camichel und Rafael Heinz, der grossartig aufspielte, dazu Captain Marc Wolf, immer wieder mit gefährlichen Distanzschüssen ab der Blauen Line, sorgten für zahlreiche bange Augenblicke.

Wolf – und die sieben Geisslein

Bei Halbzeit passierte es dann. Wolf traf von der Blauen Linie, wie zuvor mehrfacht probiert. Volkart schien die Sicht verdeckt. Nun trat St. Moritz noch entfesselter auf. Der Führungstreffer beflügelte die Gäste noch mehr. Der EIE hing in den Seilen. Alle Vorteile waren nun wiederum auf Seiten der Mannschaft von Adrian Gantenbein. Der EIE versuchte zu reagieren, biss aber auf Bündner Granit und kassierte den zweiten Treffer nach Spielhälfte, wiederum durch Wolf. Der St. Moritzer Captain traf erneut ab der Blauen Linie. Der EIE schaffte den Weg zurück ins Spiel, überzeugte allerdings nicht. Justin Wieser liess nochmals Hoffnung aufkommen. Doch dann kassierte Illnau-Effretikon in der Endphase den Ausschluss für Bolli. Den nutzte St. Moritz im Powerplay durch Heinz. Dieter Wieser war oft in diesem zweiten Abschnitt mit der Regelinterpretation der Unparteiischen unzufrieden.

Erfolgloses Anrennen

Im Schlussdrittel stürmte Illnau-Effretikon fast kopflos und verpuffte zusätzliche Energie im Kommentieren von Schiedsrichterentscheiden. Es war am Ende ein vergebliches Anrennen. Viele Chancen vergab der EIE. St. Moritz verwaltete den Zweitore-Vorsprung. Die Hauptprobe dazu hatte man dienstags auf der Ludanis gemacht. Das Ausscheiden ist für den EIE bitter – man rechnete mit einer längeren Saison. Gestohlen ist der Sieg der Bündner allerdings nicht.

„Du laufsch so schnell as laufe chasch, mit Stock, Puck und Schlittschuh a de Bei, die letscht Sirene tönt – du erwachsch mit lutem Schrei - s'isch ja nur es chlises Träumli gsi - Träumli sind ja doch so schnell verby“! Aus der Traum. Total 300 Minuten und 41 Sekunden engstnen Abnützungskampf auf hohem Tempo über 15 Drittel, lieferten sich Illnau-Effretikon und St. Moritz in diesem Achtelfinal. Am Ende gab es nur einen Sieger und der hiess St. Moritz.

Bruch mit der Tradition                

Zum dritten Mal in Folge scheiterte St. Moritz im Playoff an einem Zürcher Oberländer nicht und nahm Rache für die beiden vergangenen Jahre. 2013/14 hatten die Engadinern, damals noch mit Spielertrainer Gian Marco Crameri, Gian-Luca Mühlemann, Duosch Bezzola und Patrick Plozza, das Riesenpech im Viertelfinal (alter Modus noch) auf den Haushohen Aufstiegsfavorit Wetzikon zu treffen. Die Wetziker entledigten sich ihrer Favoritenrolle und Aufgabenstellung souverän und gewannen 6:0, 1:9 und 8:4. Im Vorjahr eliminierte St. Moritz erst Küsnacht (3:1), dann im Viertelfinal Schaffhausen (ebenfalls 3:1 in der Serie), scheiterte aber im Halbfinale erneut am späteren Zweitliga-Meister Dürnten Vikings (0:3).

Illnau-Effretikon kennt das Gefühl des frühen Ausscheidens. Allerdings unter ganz anderen Vorzeichen endete für die Zürcher Oberländer vor Jahresfrist die Saison 2014/15 früher als erwartet, früher als erhofft und schneller als gedacht. Drei Spiele – drei Niederlagen – 0:3 in der Serie gegen Wallisellen – der EIE blieb damals wie heute bereits im Achtelfinal hängen. Verständlich, dass nach Spielschluss die Enttäuschung im EIE-Lager Riesengross war. Aus der Traum – aus mit der Absicht, heuer weiter zu kommen als im letzten Jahr – rechnerisch hat sich der EIE verbessert. Vor einem Jahr schied Illnau-Effretikon bereits in drei Spielen aus – diesmal wurden es wenigstens deren fünf. Ein höchst schwacher Trost.

Wieser will sich selbst hinterfragen

Es sollte ein Fest werden. Die Qualifikation für die nächste Runde schien so nahe und war am Schluss so weit weg. Entsprechend enttäuscht, ja konsterniert und schwer gezeichnet war der EIE-Trainerstaff und die Spieler selbst. Gleich nach dem Spiel und dem Ausscheiden herrschte kollektive Schockstarre im EIE-Lager. Dieter Wieser, bestätigte, „schwer enttäuscht vom Ausgang der Finalissima“ sein. So hatte man sich den Ausgang des fünften Spieles sicher nicht vorgestellt. “Schon wieder ein frühes Ausscheiden“, so der EIE-Headcoach. „Wir sind selbst schuld. Wir haben heute zu wenig Tore erzielt. Wir hatten diverse Chancen, das Spiel in die richtige Bahn zu lenken und für uns zu entscheiden“. Primär habe man versucht, „dem Gegner von Anfang an nicht frühzeitig ins offene Messer zu laufen“. So gesehen, sei das torlose Startdrittel in Ordnung gewesen, auch wenn dort Illnau-Effretikon vor dem gegnerischen Tor mehrfach in exzellenter Abschlussposition entweder an den eigenen Nerven(?) oder dann am erneut gut disponierten Keeper Mathis scheiterte.

Mit Schiedsrichter nicht zufrieden

Gar nicht zufrieden war der EIE-Trainer „mit der Schiedsrichterleistung im Mitteldrittel. Was dann dort abging, war von den Unparteiischen eine Frechheit, was den zweiten Spielabschnitt betrifft“. Da seien „Entscheidungen getroffen worden, die definitiv klar gegen uns waren. Statt Überzahl für uns, gab es plötzlich eine Strafe gegen uns. Schmid wurde beispielsweise mit einem Crosscheck im Eck ‚weggeräumt‘ und als er dem gegnerischen Keeper einen leichten Schupf gab, musste er gleich raus. Muspach wurde hart angegangen. Als ihm ein Mitspieler zu Hilfe kam, mussten beide raus. Das sind Sachen, die mich einfach nur ansch…“. Wieser äusserte die Vermutung, dass „die Unparteiischen vermutlich in der zweiten Drittelspause instruiert wurden, denn im Schlussabschnitt wurde wieder einigermassen normal und ausgeglichen gepfiffen. Allerdings hätte man durchwegs bei einigen Schwalbenszenen der Gäste schon mal den Einen oder Anderen raus stellen können“. Dieter Wieser war aber trotz der Bitterkeit der Niederlage genug Sportmann und fairer Verlierer zu erkennen, dass „wir uns heute einfach selbst geschlagen haben“. Seine Spieler hätten sich alle bemüht „und wir haben bis zum Schluss gekämpft“. Wieser gestand, dass „jeder meiner Spieler heute die richtige Einstellung mit auf das Eis brachte. Ich kann meiner Mannschaft absolut keinen Vorwurf machen. Aber, wenn man zu Hause nur ein Tor schiesst, ist das gegen ein Team wie St. Moritz schlicht zu wenig“.

Respekt vor Gegner gehabt

Dass seine Mannschaft über gewisse Phasen zu verhalten gespielt hat, bestritt Wieser. „Nein. Wir sind mit dem richtigen Respekt vor dem Gegner angetreten. St. Moritz hatte in all den fünf Spielen durchwegs schnelle Beine“. Vergeblich habe er als Trainer des EHC Illnau-Effretikon „mal auf eine Krise gewartet. St. Moritz war nie müde, obschon ich eigentlich gehofft habe, dass die Bündner irgendwann mal einen Einbruch erleiden werden“. Auch der Torhüter „hat sich in dieser Playoffserie klar gesteigert“. Dann sprach Wieser auch „von fehlendem Wettkampfglück in gewissen Szenen“ und schüttelte wie dienstags in St. Moritz den Kopf, als seine Truppe innerhalb von etwas mehr als knapp 100 Sekunden drei Gegentreffer kassierte. „Wieder drei schnelle Gegentore – diesmal in knapp zehn Minuten“. Dann explodierte der EIE-Trainer fast, als er das Matchblatt studierte und sah, dass der dritte Gegentreffer bei Ausschluss von Michael Bolli passierte. „Das war die grösste Strafe in diesem entscheidenden Match. Die hat uns das Genick gebrochen. Dabei war doch alles auch anders zu beachten. Schmid wurde klar angegangen, im direkten Gegenzug dann der harte Ausschluss von Bolli für eine Kleinigkeit. Das darf doch eigentlich gar nicht wahr sein. Da reg ich mich wieder unheimlich auf. Das 3:1 kam genau in der Phase, als wir beim Stand von 1:2 wieder hart dran waren. Da haben die Unparteiischen das Spiel entschieden. Mit der Leistung der Schiedsrichter im ersten- und letzten Drittel bin ich einverstanden, aber nicht mit dem, was im zweiten Abschnitt passierte“.

Alles analysieren

Dieter Wieser will jetzt mal die Sache überschlafen und dann intensiv analysieren. Dabei gibt es auch selbstkritisch vor zu gehen. „Die ganze Sache ist momentan unheimlich bitter. Ich muss mich selbst überprüfen und hinterfragen, wo ich in diesem Spiel in welcher Situation noch was hätte raus holen können. Das Feuer im Team war da. Jeder wusste, worum es geht. Jeder hat sein bestmögliches gegeben“. Wieser blickte zurück auf die „18 Gruppenspiele, wo wir sehr gute Partien zeigten“. Dann meinte er aber auch, dass „unsere jungen Spieler in der Meisterschaft hervorragend spielten, nun aber in den entscheidenden Playoffs plötzlich nicht mehr ihr volles Potenzial ausschöpfen konnten und unheimlich nervös und kaum wieder zu erkennen waren“. Der EIE-Trainer zeigte sich dann gleich wieder kämpferisch. „Wir haben zusammen verloren und sind ausgeschieden. Wir sind ein Team. Wir stehen wieder auf“. Das Kader des EHC Illnau-Effretikon (EIE) bleibt zum grössten Teil zusammen, doch meinte Wieser: „praktisch alle sagten zu für die neue Saison. Wenn es nun aber Spieler gibt, die nach dem frühen Ausscheiden in den Playoffs nochmals auf ihre Entscheidung zurückkommen wollen, wir lassen ihnen die Zeit, sich alles nochmals durch den Kopf gegen zu lassen“.

Meisterschaft 2. Liga/Ostschweiz: Playoff-Achtelfinal – 5. Runde: Illnau-Effretikon - St. Moritz 1:3 (0:0, 1:3, 0:0).- Eishalle Eselriet (Effretikon).- 327 Zuschauer.- SR: Roman Flury/Urs Stobbies.- Tore: 30. Wolf (Donati/Heinz) 0:1. 37. Wolf (Heinz/Donati) 0:2. 38. Wieser 1:2. 39:50 Heinz (Donati/Koch, Ausschluss Bolli) 1:3.-Illnau-Effretikon: Volkart (Lüscher); Nicola Gretler, Brockhage; Schneider, Grolimund; Brasser, Schmid; Giacomelli; Grösser, Gabriel Gretler, Muspach; Sommer, Korsch, Fäh; Vögeli, Bolli, Wieser; Müller, Andersen, Kuhn.- St. Moritz: Mathis (Lony); Gerber, Wolf; Brenna, Marco Roffler; Men Camichel, Biert; Heinz, Deininger, Donati; Marc Camichel, Luca Roffler; Lenz, Litscher, Heuberger.- Strafen: Illnau-Effretikon 4-mal 2 Minuten, St. Moritz 4-mal 2 Minuten.- Bemerkungen: Illnau-Effretikon ohne Schlatter und Förderreuther (beide verletzt).-

 

 

 

 

 

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