Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer

 

Come on – Fuck EIE – eine Schwalbe macht noch keinen Sommer

Der Kampf um den zweiten Schlussrang der Gruppe 1 ist vorzeitig entschieden. Wie in den letzten drei Jahren verliess der EHC Illnau-Effretikon (EIE) die IWC Arena in Schaffhausen als Sieger. Das Spiel, in welchem die Platzherren zwei Mal mit zwei Toren (2:0, 4:2) führten, endete wie 2013/14 und 2014/15 mit einem Penaltyschiessen. Schaffhausen scheiterte einerseits an EIE-Keeper Dennis Volkart, der alle Penaltys zu wehren vermochte, andererseits an seinem EIE-Komplex. Möglicher Playoff-Kandidat für den bald beginnenden Achtelsfinal könnte Wallisellen sein. Und ein Detail noch am Rande des Spieles. Schaffhausen hat den Spielrapport falsch ausgefüllt. Mit falscher Drittelsangabe (1:0, 2:2, 1:2; 0:1), dabei hat Schaffhausen nach 07:22 1:0 geführt und jenes Tor von Sven Bruggmann nicht bei 47:22 erzielt). Was solls.

Bericht: Heinz Minder, Schaffhausen

Das war wahrlich wieder kein Spiel für schlechte Nerven. Das Verfolgerduell Schaffhausen gegen Illnau-Effretikon hielt was man sich davon versprach. Tore – Strafen – Penaltys und am Ende vielleicht wieder ein glücklicher Sieger. Nun, für Martin Büchel jedenfalls war es fast zu viel. Der ex-Wetziker eilte nach der neuerlichen Niederlage seiner Truppe schwer enttäuscht in die Garderobe. Büchel fluchte und jammerte wie ein Rohrspatz. „Come on – Fuck EIE“. Immer wieder wiederholte Büchel diese Worte und hätte beinahe hoch erzürnt noch die Glastüre zur Eishalle zerschmettert. Thomas Korsch folgte Büchel. Der EIE-Captain sang: „St. Moritz, Ole ole“.

Keiner will nach St. Moritz

Um diesen Verein ging es letztlich wohl im grossen Rivalenspiel Schaffhausen gegen Illnau-Effretikon, denn es zeichnet sich ab, dass der Drittplatzierte der Gruppe 1 wohl gegen St. Moritz spielen muss. Dieser Paarung hat sich der EIE nun endgültig entzogen. Die Schlussrunde vom kommenden Samstag bringt definitive Klarheit. Die Spekulationen mit dem Rechenschieber können schon mal beginnen. Schaffhausen könnte sich nun noch mit einer letzten Niederlage im 18. Gruppenspiel (auswärts in Küsnacht) vom Gang nach St. Moritz entziehen, wenn denn Luzern zuletzt das Innerschweizerderby (Heimspiel gegen Zug) gewinnen und Schaffhausen vom dritten Schlussrang ablösen würde. Der Vierte würde dann eventuell auf Dielsdorf-Niederhasli treffen, doch muss noch die Schlussrunde in der Gruppe 2 abgewartet werden.

Fäh – mit dem Tor des Abends

All dieser Spekulationen hat sich Illnau-Effretikon in der IWC Arena in extremis wieder entzogen. Der EIE machte einen 0:2 und 2:4 Rückstand wett. Dass Illnau-Effretikon der 3:4 Anschlusstreffer durch Carlo Fäh und dessen Tor des Abends (Shorthander/eigener Ausschluss Gabriel Gretler) in der 46. Minute gelang und Michael Sommer kurz vor Schluss (3:26) mit einem Powerplaytor noch das 4:4 gelang und die Gäste somit in die Verlängerung brachte, nervte auch viele der 291 aufmarschierten Zuschauer. Diese konnten einfach nicht verstehen, dass sich die Mannschaft von Gianni Dalla Vecchia noch die Butter vom Brot klauen liess. Doch das gehört eben zum Gesetz der Serie – zu den Spielen des EHC Illnau-Effretikon in Schaffhausen. Dieter Wieser hat unlängst einmal gesagt, „gegen Schaffhausen spiele ich immer gerne. Gegen diese Mannschaft gewinnen wir meistens“. So war es 2013/14, als Illnau-Effretikon über ein Penaltyschiessen in Schaffhausen 2:1 zu gewinnen vermochte. Und weil es eben so schön und kribbelig war, wiederholte sich die Gesichte ein Jahr später: Die Zürcher Oberländer erzwangen wiederum ein Penaltyschiessen und gewannen erneut, damals 3:2. Im Vorjahr war es schon fast langweilig in der IWC Arena. Keine Verlängerung, kein Penaltyschiessen. Dafür wieder 3:2 EIE-Sieg.

Bis zur Schluss-Sekunde alles auskosten

Und heuer nun. Heuer, wollte Illnau-Effretikon wieder alles bis zu allerletzten Sekunde auskosten. Dabei hätte es diesmal ins Auge gehen können. Hätte, wenn und Aber. Doch Schaffhausen leistete sich am Schluss zu viele Strafen. Die Platzherren fühlten sich aber am Ende durch die beiden Unparteiischen benachteiligt, denn in den letzten fünf Minuten kassierten Spielmann (Beinstellen), Ungemach (Stockschlag), Tscharf (Beinstellen) und Ungemach (Halten) vier Ausschlüsse in Folge. Bei Ungemachs zweitem Ausschluss kochte die Halle. Das Publikum mit der rosa roten Brille übersäte das Gästeteam mit langatmigen Buh-Rufen, und war der Meinung, Michael Sommer habe eine Schwalbe provoziert. Nun. Letztlich weiss nur der EIE-Stürmer, ob es so war. Er jedenfalls verliess die Eishalle in der Verlängerung vorzeitig und nahm am Penaltyschiessen nicht mehr teil. Die Zuschauer hätten ihn wohl bei der Ausführung des Strafstosses gegen Patrick Lüscher stark in der Konzentration gestört.

Lüscher bleibt in Schaffhausen

Apropos Patrick Lüscher. Der ex-EIE-Torhüter spielte wiederum stark. Lüscher bleibt ein weiteres Jahr in Schaffhausen, obwohl er seinen inskünftigen „Chef“ noch gar nicht kennt. Der Vorstand des EHCS hat entschieden, den Vertrag mit Gianni Dalla Vecchia nicht mehr zu verlängern. Das war natürlich an diesem Abend auch ein Hauptthema unter dem heimischen Publikum. Keiner wusste, wer Dalla Vecchias Nachfolger werden wird und alle waren sich einig, dass man schwer hoffe, der Vorstand habe bereits den einen oder anderen valablen Kandidat im Visier, ansonsten verstehe man es wirklich nicht, bereits gross zu verkünden, Dalla Vecchias Vertrag werde nicht mehr verlängert. Dieter Wieser, zum Startdrittel: „Da haben wir eigentlich zu viele Geschenke an das Heimteam gemacht. Patrick hat wiederum (das ganze Spiel über) hervorragend gespielt und stark gewehrt. Wir konnten Schaffhausen anfangs stark unter Druck setzten und haben uns viele Chancen kreiert“.

Vögeli nicht mit dabei

Diese Ansicht stimmte. Das Trainerduo Wieser/Wegmann musste seine Truppe wieder leicht verändern. Einerseits fehlte hinten in der Abwehr Mirco Weinhart (Einsatz zweite Mannschaft), dazu vorne Marco Vögeli. Der EIE-Stürmer, der im letzten Heimspiel gegen Ascona mit einer klaffenden Mundverletzung zum Notfallarzt gefahren wurde, musste montags nochmals zum Arzt und sich das Zahnfleisch innen nähen lassen. So agierte Michael „Miha“ Grösser wiederum als Verteidiger mit. Högger/Sommer, Bolli und Korsch prüften nach Spielbeginn gleich Lüscher. Im munteren Auftakt dann Herberger EIE-Keeper Volkart, gefolgt von Büchel und Spillmann, welche beide Volkart nicht bezwingen konnten. Wieser rechnete später vor: „Bei 5:12 Schüssen hatten wir ein klares Übergewicht, doch Schaffhausen hat aus seinen wenigen Möglichkeiten viel, respektive gleich zwei Tore gemacht“. Und Wieser gestand, dass „Schaffhausen die Treffer aus unseren Fehlern heraus gemacht hat“. Der EIE-Headcoach erkannte noch einige Schwächen, „an denen wir noch hart arbeiten müssen“. Drei Tore an diesem Abend „kassierten wir aus den Ecken heraus. Das war eigentlich naiv“. Sven Bruggmann (8.) und Markus Herberger, der zusammen mit Yves Förderreuther in Klotens Nachwuchs spielte (15.), brachten den Heimklub in Führung.

Korsch schiesst schnellstes Tor nach sechs Sekunden

0:2 in Rücklage war Illnau-Effretikon bereits im letzten (Heim)-Spiel gegen Ascona. Damals allerdings nach knappen drei Minuten. Der EIE schaffte den Umschwung noch im ersten Abschnitt. Das glückte den Oberländern in Schaffhausen nicht. Schaffhausen wirkte zielstrebig und direkt, machte aber auch Fehler, welche die EIE-Spieler vorerst nicht nutzen konnten und immer wieder an ihrem ehemaligen Kollegen im Tor (Lüscher) scheiterten. Dieser hielt zwanzig Minuten seinen Kasten rein. Doch dann, als der EIE in der ersten Drittelspause wohl nach einer ersten Manöverkritik durch Dieter Wieser resolut zum Wiederanspiel kam, geschah es. Ganze sechs Sekunden(!) dauerte es, bis Illnau-Effretikon den schnellen und wichtigen 1:2 Anschluss realisierte. Torschütze Thomas Korsch mit seinem zehnten Saisontreffer (Vorlage Michael Bolli). Schaffhausen aber reagierte ebenfalls. Bei jeweiligen Ausschlüssen von Herberger und Torschütze Korsch, fiel das 3:1 (24).

Statt 3:3 plötzlich wieder 2:4

Wieder war nun Illnau-Effretikon gefordert. Schaffhausen, mit einigen athletisch wirkenden, schnellen Leuten, zeigte wirkungsvolle Störarbeit gegen einen Gast, dem immer wieder kleine Fehler unterliefen. Doch diesbezüglich war auch Schaffhausen nicht gefeit. Auch dem Heimklub unterliefen teils katastrophale Scheibenverluste. Genau bei Halbzeit schaffte der EIE mit einem Powerplaytreffer den neuerlichen (2:3) Anschluss. Während Dominik Stärk auf der Strafbank sass, vollstreckte der zuletzt zwei Mal gesperrt gewesene Gabriel Gretler, nun als Center der zweiten Linie eingesetzt, in Zusammenarbeit mit Marc Andersen und Carlo Fäh. Zwei Mal in Folge prüfte Spillmann EIE-Keeper Volkart, wie auch Stärk, dann enteilte Michael Bolli bei eigenem Ausschluss von Nicola Gretler, blieb aber an Lüscher hängen (37.). Der EIE war dem 3:3 Ausgleich nahe – am Ende des Drittels aber doch so weit entfernt. So schnell der EIE nach sechs Sekunden den 1:2 Anschluss erzielte, so kurz vor Ende des Mitteldrittels folgte der neuerliche Hammermann. Elf Sekunden bevor es zur zweiten Pause ging und einige Zuschauer schon zur Verpflegung schritten mit der Aussage: „jetzt passiert eh nichts mehr“, traf John Ungemach. Schaffhausen konnte wieder mit einem Zweitore-Vorsprung in das Schlussdrittel.

Playoff-Situation simuliert

„Wir haben uns nach dem 1:3 wieder hervorragend heran geschafft“, so Wieser „und dann aus einem verlorenen Zweikampf jene Spielsituation kassiert, wo Ungemach noch mit einer 1:1 Situation auf Volkart ziehen konnte. Nichtdestotrotz. Meine Mannschaft hat im Schlussdrittel wieder Charakter gezeigt. Wir haben dann etwas Playoff-Situation simuliert und auf zwei Blöcke umgestellt. Wir wollten heute unter allen Umständen gewinnen“. Mit einer weiteren Aussage verriet der EIE-Headcoach die Zielvorgabe für seine Mannschaft für den letzten Durchgang. „Alle zehn Minuten ein Tor schiessen und hinten keinen Treffer mehr kassieren“.

Das Dribbling des Abends

2:4 – aus der EIE-Perspektive. Die Zeit lief im Schlussdrittel gegen Illnau-Effretikon. Dieser Schlachtplan ging auf. Und wie. Die nächsten zwanzig Minuten verliefen abwechslungsreich. Aufreibend. Forderten die Neven der Spieler und Zuschauer. Ein Auf- und Ab. Auf der Strafbank ein Kommen- und Gehen. Vor allem Schaffhausen kassierte einige „blöde“ und wohl auch vermeidbare Strafen. Dann kam der Auftritt von Carlo Fäh. Dieser musste nach dem Kniestich in Bellinzona vier Spiele verletzungsbedingt pausieren und scheint seiner Form wieder gefunden zu haben. Ausschluss Gabriel Gretler wegen Beinstellens. Der EIE zeigt ein aggressives Boxplax. Fäh erobert sich an der linken Seite im Bereich der Blauen Linie den Puck. Gewonnener Zweikampf. Ausdribbeln des ersten Gegners. Fäh tauch vor dem Tor auf, dribbelt weitere drei Gegner aus. Behält die Ruhe und Übersicht und vernascht auch Patrick Lüscher. Shorthander. Was für ein Sololauf. Was für eine geniale Vorstellung. Selbst Schaffhausens Zuschauer staunten. 3:4. Der EIE ist wieder da.

Der EIE-Fluch

Schaffhausen zeigt Nerven. Das Gesetz der Serie, gegen Illnau-Effretikon nie gewinnen zu können, hat am Selbstvertrauen der Einheimischen genagt. Der EIE-Fluch lebt. Auch 2016/17. Der Gast ist wieder da. Dumme Strafen bei Schaffhausen. Das Volk will es nicht glauben. Fühlt sich benachteiligt. Kaum ist Spillmann draussen, folgt Ungemach. Die erste Strafe von Spillmann ist eben abgelaufen. Ungemach noch draussen. Sommer trifft (Zuspiel Brockhage/Korsch) 4:4. Dann aber auch Förderreuther, der in Schaffhausen torlos blieb. Dann auch Tschaf und abermals Ungemach raus. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Verlängerung. Das Hitchcock-Finale geht weiter. Eventuelle fünf Minuten. Auskosten bis zur letzten Sekunde.

Beide Mannschaften stehend KO

In der Verlängerung sind die Spieler beider Mannschaften „klinisch tot“. Die Kraft fehlt. Der Fight hat Substanz gekostet. Chancen werden vergeben. Hüben und drüben. Das Penaltyschiessen muss entscheiden. Die Torhüter brillieren – die Spieler reüssieren nicht – ausser: Carlo Fäh. Er erzielt das alles entscheidende Tor – während EIE-Keeper Dennis Volkart alle fünf gegnerischen Versuche wehrt. Schaffhausen war im Vorteil. Konnte nach dem Schuss von Michael Kundert nochmals antreten, weil „EIE-Keeper Volkart seinen Torraum zu früh verliess“. Kundert scheitert im zweiten Anlauf an Volkart. Der liess sich nicht bezwingen. Schaffhausen und St. Moritz adieu. Wallisellen – wir kommen.

Schaffhausen – Illnau-Effretikon 4:5 (2:0, 2:2, 0:2; 0:1) nP.- IWC Arena (Schaffhausen).- SR: Remo Egli/Boris Ehrbar.- 291 Zuschauer.- Tore: 8ruggmann (Schenk/Kundert) 1:0. 15. Herberger (Ungemach/Schwarz 2:0. 21. Korsch (Bolli) 2:1. 24. Tscharf (Schmidt/Spillmann, Ausschlüsse Herberger/Korsch) 3:1. 31. Gabriel Gretler (Andersen/Fäh, Ausschluss Stärk) 3:2. 40. Ungemach (Spielmann) 4:2. 46. Fäh (eigener Ausschluss Gabriel Gretler!) 4:3. 57. Sommer (Brockhage/Korsch, Ausschluss Ungemanch ) 4:4.- Penaltyschiessen: Spillmann, scheitert an Volkart; Brockhage, scheitert an Lüscher; Ungemach, scheitert an Volkart; Bolli, scheitert an Lüscher; Tscharf, scheitert an Volkart; Korsch, scheitert an Lüscher; Kundert, Pfostenschuss, Penalty muss wiederholt werden da EIE-Keeper Volkart den Torraum zu früh verlassen habe, Kundert scheitert im zweiten Anlauf an Volkart; Fäh, bezwingt Lüscher 4:5; Schmidt, scheitert an Volkart.- Schaffhausen: Lüscher (Widmer); Schmidt, Schwarz; Tschaft, Glauser; Herberger, Bruggmann; Stärk; Büchel, Spielmann, Schenk; Spilmann, Kundert, Buff; Hug, Stuber, Klingler; Ungemach.- Illnau-Effretikon: Volkart, Grösser, Brockhage; Giacomelli, Brasser; Christoph Weinhart, Nicola Gretler; Heid; Sommer, Bolli, Korsch; Andersen, Gabriel Gretler, Cristelotti; Fäh, Förderreuther, Högger.- Strafen: Schaffhausen 10-Mal Zwei-Minuten; Illnau-Effretikon 5-Mal Zwei-Minuten.- Bemerkungen: Illnau-Effretikon ohne Diego Muspach, Marco Vögeli (beide verletzt), Mirco Weinhart (zweite Mannschaft), Lorenz Kuhn und Justin Wieser (ebenfalls verletzt/vorzeitiges Saisonende).- 56:21 Time-out Illnau-Effretikon; 52:58 Sommer vorzeitig in Garderobe (nimmt am Penaltyschiessen nicht mehr teil).

 

 

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