Ein Drittel Top – zwei Drittel Flopp

Der EHC Illnau-Effretikon (EIE) holte sich dank eines 9:5 (7:1, 1:2, 1:2) Auswärtssieges in Sursee im siebten Meisterschaftsspiel bereits den 19. Punkt. Furios verlief das Startdrittel in welchem die Zürcher Oberländer dem gastgebenden Aufsteiger zeigten was Hockey ist. Nach der beeindruckenden Vorlage von 7:1 Toren erlosch das EIE-Feuer aber. Die EIE-Spieler mussten dem eigenen Tempo und dem Nachwirken der kräfteraubenden Vorstellung donnerstags im Derby gegen Dürnten Vikings (5:6 Niederlage in der Verlängerung) Tribut zollen und verloren die beiden restlichen Drittel je 1:2 an Sursee. Ein Drittel Top – zwei Drittel Flopp.

Bericht: Heinz Minder, Sursee

Er sei «höchst gespannt darauf, was meine Mannschaft nach der starken Leistung gegen Dürnten nun samstags zu zeigen vermag», so Dieter Wieser im Vorfeld der Auswärtspartie in Sursee. Er rechne, «mit einer schweren Partie» und meinte dann, weil der EIE bereits zwei Tage nach dem letzten Match bereits wieder in die Hosen musste: «wir befinden uns quasi im Play-Off-Modus». Nun: sei es so – die Hauptprobe mit einem starken ersten Drittel – in welchem die Zürcher den Neuling schwindlig spielten und euphorisch förmlich deklassierten (zwei Doppelschläge innerhalb von zehn, respektive 18 Sekunden!) – gelang Illnau-Effretikon eindrücklich. Doch was in den restlichen 40 Minuten in dieser Vollmond-Nacht in Sursee passierte – na ja. Im Lager der Gäste waren wohl alle froh, dass dem EIE im Startdrittel nicht weniger als sieben Treffer gelangen. Bereits nach dem 1:5 Rückstand – nach nur knappen acht Minuten – musste Sursee-Headcoach Josef Kovacik sein frühes Time-Out nehmen.

Furioser Beginn

Bei Illnau-Effretikon zeigte man sich selbst etwas überrascht, mit welcher Leichtigkeit die Mannschaft von Dieter Wieser/Urs Wegmann zur Realisierung eines Sechs-Tore-Vorsprunges kam. Zu bedenken gab, dass Sursee mit Michael Schmerda, Martin Dvorsky und Kadri Presheva gleich mit einem ausländischen Trio ins Rennen stieg und mit Alex Pavlicko zudem einen Vierten als Ersatzkeeper vorerst auf der Reservebank hatte. Letzterer, Pavlicko, ein Torhüter aus dem eigenen Nachwuchs (der 17jährige spielte in Sursee bereits bei den Novizen und Junioren) kam nach der ersten Drittelspause anstelle von Thomas Nietlispach zum Einsatz. Auch Illnau-Effretikon wechselte zum gleichen Zeitpunkt mit Beginn des zweiten Abschnittes, seine Torhüter aus. Beim EIE kam anstelle von Dennis Volkart nun Joel Stücheli zum Einsatz.

Am Anfang noch nichts von mentaler Müdigkeit zu sehen

Die Art und Weise, wie Illnau-Effretikon das 7:1 realisierte, war verblüffend, zumal man eigentlich befürchtete, der EIE habe zu viel Substanz und Kraft im vergangenen Spitzenkampf der bislang ungeschlagenen Zürcher Oberland-Vereine gegen Dürnten Vikings verpufft. Doch die EIE-Spieler stürmten so energiegeladen, wie sie drei Drittel lang im Derby liefen. Noch war von körperlicher und mentaler Müdigkeit und Schwäche nichts zu erkennen. Lorenz Kuhn eröffnete nach 84 Sekunden den munteren Torreigen. Vorlage: Peter Hofer. Dann die typische Szene des ersten Drittels. Illnau-Effretikon (noch) mit schnellen Beinen unterwegs, konnte vom Gegner kaum gebremst werden. So konnte schliesslich Sursee-Captain Philipp Wyss – mit 41 Jahren gleichzeitig «Oldy» auf dem Eis – den durchbrechenden Yves Förderreuther nur mit einem Foulspiel an erfolgreichen Torschuss hindern. Folge: Penalty. Mit seinem fünften Saisontreffer verwandelte der zuvor gefoulte Förderreuther bestechend sicher gegen Nietlispach (06:27). Kaum angespielt – und ganze zehn Sekunden später – reüssierte abermals Lorenz Kuhn, diesmal auf Vorlage seines jüngeren Bruders Lionel und erneut Hofer im Powerplay bei Ausschluss von Distel).

Spiel- und Torrausch

Illnau-Effretikon steigert sich in einen Tor-Rausch. Sursee, das zuletzt in Bellinzona hervorragend kämpfte und sich am Ende über die Verlängerung geschlagen geben musste, hatte einen absoluten Fehlstart zu verzeichnen. Die Spieler von Josef Kovacik kommen einfach nicht auf Touren. Immer ist der Gegner schneller. Das aggressive Forechecking des EIE funktioniert. Sursee kann sich in seinem desolaten Startdrittel absolut nicht entwickeln. Die Effizienz des EIE ist beeindruckend. Kaum war das 1:4 realisiert (08:07), folgte fast im nächsten Spielzug bereits der nächste Gegentreffer. 17 Sekunden nach besagtem 1:4 fällt durch Carlo Fäh auf Vorlage von Andrea Giacomelli schon der nächste Gegentreffer.

Debakel zeichnet sich ab – wer will noch mal – wer hat noch nicht

08:25. 1:5 – ein Debakel für den Liga-Neuling zeichnet sich ab. Die heimische Mannschaft ist konsterniert. Was machen? Trainer Kovacik ruft zum Time-Out. Muss seine gänzlich verstörte Truppe neu formieren. Sursee kann sich etwas fangen und übersteht die nächsten Minuten (noch) ohne weiteren Schaden. Doch der Heimklub kassiert noch vor Ablauf des ersten Drittels zwei weitere Tore. Erst demonstriert Yves Förderreuther seine absolute klasse. Schnell auf den Schlittschuhen und praktisch nicht vom Puck zu trennen. Über links wird der Gegner überrollt nach Zuspiel von Tiz Müller, der diesmal die Flügelposition in der zweiten EIE-Offensivlinie übernimmt. Jener Platz, den im Derby zuletzt der reaktivierte Michael Grösser eingenommen hat, weil Markus Cristelotti noch immer an der Hirnerschütterung (vom Heimspiel gegen EV Zug) laboriert. «Födi», der Penalty-Schütze zum 2:0, macht mit dem 6:1 seinen zweiten Treffer (und sechstes Saisontor) an diesem Abend. Sursee – ausser Rand und Band – geht mit einem 1:7 Rückstand in die erste Drittelspause, denn EIE-Captain Thomas Korsch liess den Puck auch noch bei Nietlispach im Netz zappen, dies dank perfektem Zusammenspiel mit Verteidiger Fabian Brockhage und Carlo Fäh, welcher sich mit seinem Assist den 18 Skorerpunkt sichern konnte und somit dank acht Toren und zehn Assists nach acht Spieltagen noch immer auf dem ersten Platz der aktuellen Topskorerliste der Gruppe 1 einnimmt.

Wunden lecken beim Gegner

Dann erfolgt die erste Drittelspause. Wunden lecken bei Sursee. Ungläubiges Staunen beim EIE. Das ging fast zu einfach. Mit einer schieren Leichtigkeit kam Illnau-Effretikon zu einem Rekord-Drittelsergebnis. Der Match scheint gelaufen. Die Frage lautet nur noch: Wie hoch gewinnt Illnau-Effretikon und wer wird wohl das «Stängeli» realisieren.

Rhythmusbrecher – Beine frieren ein…

Was folgte, waren zwei komplett verschiedene weitere Drittel, welche sich total vom ersten Abschnitt abhoben. Die erste Drittelspause wird zum Rhythmusbrecher für Illnau-Effretikon. Beide Trainer wechseln ihre Torhüter aus. Sursee schickt seinen Juniorenkeeper Alex Pavlicko ins Spiel – beim EIE übernimmt der zuletzt in Luzern spielende Joel Stücheli anstelle von Dennis Volkart.

Beide Mannschaften mit Torhüterwechsel

Der Neuling hat sich gefangen und kommt nun wesentlich besser zur Geltung, denn beim EIE schwinden, mit zunehmender Spieldauer die Kräfte. Die Partie gegen Dürnten vom Donnerstag und das horrende Tempo im Startdrittel haben Kraft gekostet. Die EIE-Spieler werden, vielleicht auch durch den komfortabel scheinenden 7:1 Vorsprung, nachlässig. Jeder will sich in die Skorerliste eintragen. Jeder eine nachhaltige Vorstellung für die bislang enttäuschende Galerie (103 Zuschauer) zeigen. Die EIE-Aktionen werden nicht mehr so konsequent und bis zum Schluss ausgeführt. Der Gegner erhält mehr Platz und Raum und kann damit sein eigenes Spiel besser entfalten. Nun wendet sich das Blatt. Sursee will nicht nur noch Schadensbegrenzung zeigen, sondern scheint gewillt, hier noch was reissen zu können. Pavlicko wehrt besser als sein Vorgänger Nietlispach – auf der anderen Seite muss sich Joel Stücheli nun gegen ein aggressiv anrennendes Sursee einstellen. Er bekommt viel zu tun, kann aber auch nicht verhindern, dass Illnau-Effretikon die beiden nächsten Drittel jeweils mit 1:2 an Sursee verliert.

Dreissig Minuten «sack stark»

Bevor Sursee in die Gänge kommt, markiert Peter Hofer, abermals bei Ausschluss von Tim Distel und in Zusammenarbeit mit Lionel Kuhn und Yves Brasser das 8:1. Erst dann, wendet sich das Blatt. Die Aufholjagd der Einheimischen beginnt. Die Zürcher Oberländer scheinen ihre Dynamik verloren zu haben, Sursee wird von Minute zu Minute stärker. Einzelne Spieler reissen den Match. Bei der Vier-Minuten-Strafe von Michael Sommer fällt im Powerplay das 2:8, dann vor Drittelsende noch das 3:8. Und im Schlussdrittel, wieder in Überzahl (Ausschluss Christoph Weinhart), schafft Sursee durch Meyer die 4:8 und später dank Zürcher gar die 5:8 Resultatkorrektur. Nun muss Dieter Wieser sein Time-Out nehmen (54:56). Der EIE hängt wie ein angeschlagener Boxer in den Seilen, rettet sich aber über die Zeit.

Lionel Kuhn setzt mit Shorthander den Schlusspunkt

Schlusspunkt: Thomas Korsch muss auf die Strafbank. Alex Pavlicko rennt zur Mannschaftsbank. Noch zwei Minuten – Sursee in Überzahl – doch der heimische Keeper kehrt zurück aufs Feld! Warum – beim Stande von 5:8 und eigenem Powerplay? Was will Sursee in diesem Spiel denn noch? Das weiss vermutlich am Schluss nur Headcoach Kovacik. Lionel Kuhn enteilt allen, von Hofer lanciert und realisiert eiskalt und bestechend sicher per Shorthander noch das 9:5. Das Spiel ist fertig – so auch einige der Spieler (wohl in beiden Lagern).

Wiesers Probleme mit fünf Gegentreffer

Dieter Wieser nach dem Match: «So habe ich es eigentlich nicht erwartet, denn ich glaubte, dass wir heute am Anfang unsere Probleme haben würden. Wir hatten unsere Mannschaft nach dem Derby so einstellen können, dass jeder unserer Spieler Sursee ernst nehmen würde. Schwieriger wurde es hingegen nach dem ‘lockeren’ 7:1 Drittelsergebnis. Jeder wollte plötzlich ‘kügeln’ – Im Grossen und Ganzen geht unser Sieg aber völlig in Ordnung. Wenn man aber gleich viele Gegentore wie zuletzt im Derby gegen ein starkes Dürnten kassiert, habe ich etwas Probleme. Ok. Am Schluss gab es schwere Beine – schlussendlich haben wir die drei Punkte geholt und liegen noch immer in enger Tuchfühlung mit dem Tabellenführer».

Sursee – Illnau-Effretikon 5:9 (1:7, 2:1, 2:1).- Genossenschaft Eishalle Sursee.- 103 Zuschauer.- SR: Matteo Kobza/Marco Zambonin.- Tore: 2. Lorenz Kuhn (Hofer) 0:1. 3. Schmerda (Yannick Kiser/Presheva) 1:1. 06:27 Förderreuther (Penaltiy, verschuldet von Sursee Captain Philipp Wyss) 1:2. 06:37 Lorenz Kuhn (Lionel Kuhn/Hofer) 1:3. 08:07 Lorenz Kuhn (Hofer/Lionel Kuhn, Ausschluss Distel) 1:4. 08:25 Fäh (Andrea Giacomelli) 1:5. 14. Förderreuther (Müller) 1:6. 18. Korsch (Fäh/Brockhage) 1:7. 27. Hofer (Lionel Kuhn/Brasser, Ausschluss Distel) 1:8. 35. Martschini (Koalick, Ausschluss Sommer) 2:8. 37. Schnyder (Matter/Zürcher) 3:8. 43. Meyer (Schmerda/Trutmann, Ausschluss Christoph Weinhart) 4:8. 55. Zürcher (Schnyder/Martschini) 5:8. 59:50 Lionel Kuhn (Hofer/Shorthander eigener Ausschluss Korsch) 5:9.- Sursee: Nietlispach (20. Pavlicko); Distel, Meyer; Martschini, Koalick; Müller, Trutmann; Bättig, Kevin Kiser; Presheva, Yannick Kiser, Schmerda; Schnyder, Matter, Zürcher; Wyss, Roth, Mathys; Macho, Dvorsky.- Illnau-Effretikon: Volkart (20. Stücheli); Andrea Giacomelli, Brockhage; Brasser, Christoph Weinhart; Nicola Gretler, Mirco Weinhart; Sommer, Korsch, Fäh; Müller, Förderreuther, Beltrame; Lorenz Kuhn, Hofer, Lionel Kuhn; Fabio Giacomelli.- Strafen: Sursee 9-Mal Zwei Minuten, Illnau-Effretikon 7-Mal Zwei Minuten.- Beide Mannschaften wechseln in ersten Drittelspause ihre Torhüter aus. Neu bei Sursee Alex Pavlicko anstelle von Thomas Nietlispach; neu bei Illnau-Effretikon Joel Stücheli anstelle von Dennis Volkart.- Bemerkungen: Illnau-Effretikon ohne Andersen, Vögeli, Cristelotti, Wimber und Gabriel Gretler (alle verletzt), Frei (Militär), Wieser (Krank).- Time-out: 08:25 Sursee; 54:56 Illnau-Effretikon

 

 

 

 

 

 

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