Krimi-Altmeister Alfred Hitchcock lasst grüssen

Inskünftig sind Baldrian-Tropfen obligatorisch im Eselriet. Das war wieder absolut nichts für schwache Nerven. Zum dritten Mal in der laufenden Playoff-Runde im Achtelfinal hat es der EHC Illnau-Effretikon (EIE) gegen den KSC Küssnacht am Rigi auf die Spitze getrieben. Im ersten Match vom vergangenen Samstag gerieten die Zürcher Oberländer erst 1:3, dann 2:4 in Rückstand, siegten in der ersten Runde am Schluss 10:5. Dienstags rannte Illnau-Effretikon in der Innerschweiz wiederum einem 0:2 Rückstand nach. Und nun: weil es scheinbar einfach so spannend sein sollte, legten die Oberländer sich eine 0:3, respektive 1:4 Hypothek vor die Garderobentür.

Innerhalb von knappen zwei Minuten machte die Mannschaft von Giorgio Giacomelli/Roman «Didi» Diethelm aus dem 1:4 dank Captain Marco Thaler, Alexander Tkachenko und Yves Förderreuther den 4:4 Ausgleich. Und ganz bitter wurde es im Eselriet, als Küssnacht am Rigi in der Schlussphase den Ausschluss von Ivan Leuppikassierte. In diesem Powerplay 87 Sekunden vor Spielschluss verbuchte Marco Vögeli auf Vorlage von Jan Heuberger/Yves Förderreuther noch den 5:4 (0:3, 4:1, 1:0) Siegtreffer. Drei Mal in Extremis hat sich Illnau-Effretikon den Kopf bereits aus der Schlinge gezogen. Im Playoff-Viertelfinal trifft der EIE entweder auf den SC Küsnacht, oder was noch wahrscheinlicher ist – Bellinzona. Die Zürcher Oberländer geniessen jetzt elf Wettkampf-Frei und steigt am 11. Februar in die nächste Playoff-Runde ein.

Bericht: Heinz Minder (Eishalle Eselriet, Effretikon)

So brutal kann Eishockeysport sein. Zwischenzeitlich so nah – am Schluss doch so fern. 4:1 führte Küssnacht am Rigi im drittenPlayoff-Achtelfinal. «Irgendwann können auch wir einen solchen Rückstand nicht mehr aufholen», hatte Giorgio Giacomelli am Ende eines Spieles erklärt. So, wie samstags, als seine Mannschaft im Effretiker Eselriet nach einer 1:0 Führung, die Illnau-Effretikon nach 33 Sekunden realisierte, 1:3 und 2:4 aus den Händen gab. Doch im ersten Playoff-Spiel reagierte seine Mannschaft nachhaltig und gewann am Ende 10:5. Und dienstags in der Rigihalle lagen die Zürcher Oberländer nach acht Sekunden Spielzeit früh 0:1, dann gleich 0:2 zurück. Doch auch hier kehrte Illnau-Effretikon den Match und gewann am Schluss 6:2.

EIE sündigte zu Beginn und verpasste klare Vorentscheidung…

Den Höhepunkt aber setzte die Mannschaft von Giorgio Giacomelli und Roman «Didi» Diethelm. Im Bestreben, im dritten Aufeinandertreffen gegen den KSC Küssnacht am Rigi über drei Partien alles und vorzeitig zu machen, versiebten die EIE-Stürmer trotz gutem Willen in der Startphase gleich mehrere Hochkaräter. Kaum angespielt, vergaben Mirco Hofer, Philip Beeler, Alexander Tkachenko, Yves Förderreuther, dazu das Duo Lionel Kuhn/Carlo Fäh, mehrere von ihnen gleich mehrfach, vor Fabian Gisler. EIE-Chancen fast innerhalb wenigen Sekunden, viele Möglichkeiten, locker einen komfortablen Vorsprung zu realisieren. Doch stattdessen, vergaben sie allesamt ihre vielen exzellenten Möglichkeiten mit denen Illnau-Effretikon in den ersten vier, fünf Spielminuten alles hätten entscheiden können.

…die sich dann bitterböse rächte

Das rächte sich an diesem Donnerstagabend im Eselriet bitterböse. Kam noch hinzu, dass es beim EIE wiederum einige Umstellungen gab. Die beiden Torhüter Dennis Volkart (Meniskusverletzung) und Dominic Werren (Militärdienst/Rekrutenschule) fehlen dem Team seit einigen Wochen. Joel Stücheli fehlte am Donnerstag kurzfristig (Krank), womit Robin Heeb, der dienstags in der Rigihalle zu seinem Debüt kam, ins Aufgebot nachrückte. Weil Stücheli forfait erklären musste, nominierten Giacomelli/Diethelm in der Person von Luca Tresch den EIE-Junioren-Keeper (Jahrgang 2002) zu dessen Debüt in der ersten Mannschaft.

Gegen Küssnacht am Rigi gar 0:3 in Rückstand – dann 1:4 im Hintertreffen

Illnau-Effretikon, seit 2. November 2019 in der 2. Liga-Meisterschaft in zwölf Partien nicht mehr geschlagen worden (holte sich in jener Zeit nicht weniger als 33 Meisterschaftspunkte in Folge), wollte sich auf der weiteren Jagd nach Siegen erfolgreich in Szene setzen), doch dann wurden die Zürcher Oberländer im Startdrittel brutal von der Realität eingeholt. Dass die EIE-Spieler noch und noch beste Tormöglichkeiten nicht verwerten konnten, hatte für den Heimklub im Eselriet ein erneutes böses Erwachen. Nach knappen sechs Minuten führte der KSC Küssnacht am Rigi dank Jannick Jegen. Die Innerschweizer profitierten vom schlechten EIE-Auftakt. Bereits beim ersten Ausschluss von Yves Brasser zappelte der Puck im gegnerischen Powerplay erfolgreich in den Maschen. Ivan Leuppi, zusammen mit Jaromir Gogolka und Marek Cerveny, die drei eigentlichen gegnerischen Schlüsselspieler, erhöhten zum 2:0. Doch für den EIE, dem die beiden vorherigen Partien mehr als nur bekannt vorkamen, kam es Sekunden vor Ende Startdrittel noch schlechter. 52 Sekunden bevor er in die erste Pause ging, hiess es plötzlich 0:3 – Dario Stalder (Vorlage Gogolka), hatte zum Dritten Mal getroffen.

Jedes Mal kann man das Spiel nicht auf die Spitze treiben

«Irgendwann können sicher auch wie einen solchen Rückstand nicht mehr aufholen», hatte Giorgio Giacomelli nicht nur am Samstag im ersten Heimspiel, sondern auch am Dienstag, in der Rigihalle zu erklären versucht. Positiv und zuversichtlich stimmte ihn bislang aber die Tatsache, dass «wir in beiden Spielen im Richtigen Augenblick noch reagieren konnten». Woran es aber lag, dass seine Mannschaft nun auch im dritten Match gegen Küssnacht am Rigi wieder in Rückstand geriet, konnte der EIE-Trainer so nicht sagen. Für ihn und sein Assistent blieb vorerst nur das Kopfschütteln.

Förderreuther kehrt dem EIE das Leben zurück

Erst kurz vor Halbzeit gab Illnau-Effretikon dank Yves Förderreuther ein erstes positives Lebenszeichen. Dieser hatte die Vorlage von Marco Vögeli zum 1:3 verbessern können (29:22). Doch dann, als die Halbzeit gerade vorbeigezogen war, führte Küssnacht am Rigi erneut – wiederum dank Jaromir Gogolka und dessen viertes Tor in der laufenden Playoff-Runde (Assist wiederum Marek Cerveny/5. Assistpunkt). Wie gewonnen – so zerronnen – die Innerschweizer lagen erneut mit drei Toren Unterschied vorne.

Innerhalb weniger Sekunden vom 1:4 zum 4:4 Ausgleich

Was dann folgte, war unglaublich. Erst gelang EIE-Captain Marco Thaler auf Zuspiel von Mico Hofer das 2:4. Kaum angespielt, konnte Illnau-Effretikon erneut jubeln. In exakt sieben Sekunden hatte Alexander Tkachenko den 3:4 Anschluss erzielt und dies in schneller Kombination mit Beltrame/Beeler). Nun brannte der Baum plötzlich. Küssnacht am Rigi war geschockt, verlor innerhalb von wenigen Sekunden komplett die Orientierung. Coach Michael Imhof nahm sein Time-out (30:15) doch das nutzte auch nicht gerade viel, denn der EIE war nun plötzlich wieder da. Und erneut verging nicht mal eine weitere Minute – und es hiess im Eselriet 4:4. Yves Förderreuther (Zuspiel Hofer/Vögeli) markierten in der höchst furiosen Spielphase und noch vor Ende des Mitteldrittels 4:4. Der EIE war wieder im Geschäft. Das Spiel konnte wieder von Vorne beginnen. Vom 1:4 zum 4:4 das ging speditiv.

Küssnacht mit Torhüterwechsel – und kassiert kurz vor Schluss entscheidendes Gegentor

Küssnacht am Rigi reagierte auf den Umschwung und nahm für das Schlussdrittel einen Torhüterwechsel vor. Fabian Gisler blieb draussen, Dominik Ryhner kam für das Schlussdrittel und zeigte einige starke Interventionen. Diese aber waren auch von Robin Heeb gefordert. Sein Trainer lobe am Schluss. «Unser Torhüter hat nach dem 1:3 Rückstand sehr gute Aktionen gezeigt, mehrfach hervorragend reagiert und seine Aufgabe hervorragend gelöst. Robin ist im Verlauf des zweiten Abschnittes immer stärker und ist heute zu unserem grossen Rückhalt geworden». Der EIE-Keeper musste in der noch verbleibenden Spielzeit mehrfach sein gesamtes Können aufbieten damit Illnau-Effretikon nicht nochmals in Rückstand geriet.

Captain Leuppi auf die Strafbank – verhilft EIE zum Siegtreffer durch Vögeli

Illnau-Effretikon bemühte sich, das Spiel noch in die richtige, erfolgreiche Bahn lenken zu können. Doch Küssnacht am Rigi versuchte alles, um den vielleicht alles entscheidenden Lucky-Punch doch noch landen zu können. Ryhner zeigte auf Seiten der Gäste ebenfalls zahlreiche starke Paraden. Der Countdown lief unerbittlich zurück. Jeder weitere Treffer konnte im Eselriet die Entscheidung bringen. Ein doch noch später EIE-Sieg zur 3:0 Playoff-Entscheidung, oder am Schluss gar in viertes Spiel in der Rigihalle? Das Dramatische Treffen, dass von seinen Anhängern in den ersten zwei Spielen bereits so viel Spannung gefordert hatte, solle am Ende (für die Gäste) auf ganz brutale Art und Weise enden. Nicht mal 87 Sekunden vor Ablauf der offiziellen Spielzeit kassierten die Gäste noch einen Ausschluss. Captain Ivan Leuppi musste raus. In diesem (letzten?) Powerplay zogen die EIE-Key-Player nochmals ihre Register, liessen die Scheibe zirkulieren, suchten die Lücke. Unglaublich, aber wahr. Marco Vögeli legte zu Förderreuther auf und dieser erlöste seine Mitspieler und frenetisch jubelnden Anhänger Sekunden vor Abpfiff mit dem 5:4. Vom 0:3, zum 1:4 und 4:4 und schliesslich 5:4 Happy-End.

 

Happy-End im Eselriet

«Wir hatten am Anfang so viele Chancen, damit wir das Spiel eigentlich bereits in den ersten fünf Minuten locker hätten entscheiden können, ja müssen», so Giorgio Giacomelli. «Aber wir waren heute zu wenig abgebrüht, zu wenig konzentriert und haben und so das Leben in der Startphase selbst schwer gemacht». Der EIE-Headcoach betonte, dass «das eben Playoff-Partien waren, wo der Gegner alles versuchen wird, dem Favoriten ein Bein stellen zu können». Küssnacht habe seiner Meinung nach, «erneut einfach, zweckmässig und erfolgreich agiert. Hochachtung. Unser Gegner hat nie aufgegeben und alles probiert». Eigentlich hätte Küssnacht «am Ende gar einen Erfolg verdient. Denn unser Gegner hat konstant versucht, die Scheibe mal rein zu hauen nach dem Motto: vielleicht passiert da was». Giacomelli betonte, dass «Küssnacht auch heute mit seinen zwei, drei sehr starken Spielern alles probiert hat». Giacomelli sprach von einem «glücklichen Sieg». Der EIE-Trainer war aber am Schluss darüber imponiert, dass «unsere Spieler trotz misslicher Lage sich selbst aus dieser Kritischen Situation bringen konnten, ohne dass wir vom Coaching her an der Seite Laut werden mussten. Das zeigt eben auch, wie stark unsere Spieler momentan wirklich sind». Seine Truppe verfügte über «mentale Stärke und kann im richtigen Augenblick entscheidendes zusetzen». Giacomelli zog den Vergleich mit Federer. «Das zeichnet mentale Stärke aus». Seine Mannschaft verfüge eben nicht nur per Zufall darüber, «im entscheidenden Moment zusetzen zu können. Das seien «auch extrem gute Qualitäten im Team und unsere Mannschaft kann im entscheidenden Moment zusetzen und mit grosser Überzeugungskraft auftreten». Er und sein Assistent wissen wohl aber, dass «wir unser Glück nicht in jedem Match so arg strapazieren können». Drei Mal gegen Küssnacht am Rigi hat es für Illnau-Effretikon, allesamt nach Rückstanden doch noch zum Sieg gereicht. «Unsere Mannschaft glaubt momentan in jeder Situation an sich». Im Viertelfinal beginnt für die Zürcher Oberländer wieder alles bei Null.

Eishockey: Meisterschaft 2. Liga, Saison 2019/20: Playoff–Achtelfinal 3. Playoff-Partie, Donnerstag, 30. Januar 2020: Illnau-Effretikon – KSC Küssnacht am Rigi 5:4 (0:3, 4:1, 1:0).-Eishalle Eselriet (Effretikon), 148 Zuschauer.- SR: Daniel Bittel/Stefan Gasser.- Tore: 6. Jegen(Stiz/Cerveny) 0:1. 12. Leuppi(Gogolka/Cerveny, Ausschluss Brasser) 0:2. 20. Stalder (Gogolka) 0:3. 29. Förderreuther (Vögeli) 1:3. 31. Gogolka (Cerveny, Ausschluss Nicola Gretler) 1:4. 35:39 Thaler (Hofer) 2:4. 35:46 Tkachenko (Beeler/Beltrame) 3:4. 37:31 Förderreuther (Hofer/Vögeli) 4:4. 58:33 Vögeli (Förderreuther/Heuberger, Ausschluss Leuppi) 5:4.- Illnau-Effretikon: Heeb (Tresch); Bulach, Schwarz; Thaler, Heuberger; Nicola Gretler, Brasser; Brunner.- Beeler, Beltrame, Tkachenko; Vögeli, Förderreuther, Hofer, Lionel Kuhn, Gabriel Gretler, Fäh; Giacomelli, Begert.- Küssnacht am Rigi: Gisler (40. Ryhner); Lorez, Stillhardt; Gogolka, Cerveny; Flühler, Muggli; Stiz, Leuppi, Müller; Döbeli, Jegen, Moldovanyi; Aregger, Penzenstedler, Stadler.- Strafen: Illnau-Effretikon 6x2 Minuten; Küssnacht am Rigi 8x2 Minuten.-Bemerkungen: Illnau-Effretikon ohne die drei Torhüter Dennis Volkart (Verletzt), Dominic Werren (Militär/Rekrutenschule), Joel Stücheli (Krank); Tizian «Tiz» Müller (Verletzt), Justin Wieser (Verletzt), Jayson Zähner (abwesend), Lorenz Kuhn (Militär); Beim EIE erstmals im Torhüter-Aufgebot: Luca Tresch (Juniorenkeeper/Jahrgang 2002).- Beim KSC Küssnacht am Rigi Time-Out 35:46 nach 3:4.- 40:00 Torhüterwechsel KSC Küssnacht am Rigi: Dominik Ryhner anstelle von Fabian Gisler; 58:59 KSC Küssnacht ohne Torhüter Ryhner, dafür bei Ausschluss von Ivan Leuppi mit weiterem Feldspieler.- Der EHC Illnau-Effretikon (EIE) steht damit nach 10:5 (2:3, 2:1, 6:1), 6:2 (1:2, 3:0, 2:0) und 5:4 (0:3, 4:1, 1:0) im Playoff-Viertelfinal. Illnau-Effretikon überstand damit das 15. Spiel in Folge ungeschlagen (Zwölf Mal Meisterschaft ab 2. November 2019, sowie drittes Playoff-Spiel in Folge gegen Küssnacht am Rigi).

 

 

 

 

 

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