1. Mannschaft, Sa 08.11.2008 20:00 gegen Lenzerheide Valbella, Feld: Dieschen Lenzerheide
EISHOCKEY: MEISTERSCHAFT 2. LIGA, GRUPPE 2: LENZERHEIDE-VALBELLA – ILLNAU-EFFRETIKON 4:6 (0:1, 1:0, 3:5)
Hockeykrimi der Superlativen
Unglaubliches passierte samstags in der Eishalle Dieschen auf der Lenzerheide. In den letzten fünf Minuten fielen nicht weniger als sieben Tore. Der EHC Illnau-Effretikon machte aus einem 1:2 Rückstand einen 6:4 (1:0, 0:1, 5:3) Sieg. Die Schlussphase war nichts für schwache Nerven. Einige Bündner waren zum Schluss total frustriert, begaben sich vorzeitig in die Garderobe und verweigerten den Gästen das abschliessende Shakehands.
Hockeyspiele des EHC Illnau-Effretikon (EIE) sind zur Zeit definitiv nicht für Besucher mit schwachen Nerven oder Herzproblemen. Vor Wochenfrist in Grüsch bei Prättigau-Herrschaft machte der EIE aus einem 1:4 Rückstand erst ein 4:4, dann nach dem 4:5 innert Doppelschlag ein 6:5, verlor in der Verlängerung dennoch. Dass dies gar noch zu topen sein, dafür lieferten die Zürcher Oberländer nun den Beweis gegen Lenzerheide-Valbella. Die Ereignisse überstürzten sich vor lediglich 70 Zuschauern in einem Spiel, in welchem sich die beiden Teams 45 Minuten lang gegenseitig neutralisierten. Schuld daran war die taktische Ausrichtung, die beide Trainer auf die gleiche Wellenlänge führte. Das Spiel blieb die ersten zwei Drittel lang intensiv, teils aber auch äusserst zerfahren und beidseits ohne klare spielerische Linie. Im Brennpunkt des Treffen in welchem beide Teams darauf bedacht waren, möglichst keine Risiken einzugehen, standen dabei die Torhüter. André Keller, er reckte sich mit 4:6 zehn Sekunden vor Spielende noch die Schulter aus und musste durch Beat Gees ersetzt werden, und Mike Häbig hatten alle Hände voll zu tun.
Lenzerheide-Valbella hoffte auf seine stärkste Waffe. Benjamin Ginesta sollte beim Team, das in Abwesenheit von Headcoach Jürg Müller von Constantin Bergamin betreut wurde, vieles richten. Ginesta kam immer wieder mit starken Einzelleistungen zur Geltung und steuerte am Ende zwei Treffer (und einen Assist) seiner Farben bei. Genutzt hat es zuletzt nichts. Martin Markus, verletzter EIE-Spieler, machte für seine Teamchefs Dieter Wieser/Werner Pfister die Statistik und kam kaum nach mit dem Notieren der starken EIE-Szenen.
Mit einem wahren Prachtstreffer von halblinker Position aus vollem Lauf in den rechten hohen Torwinkel gezielt, brachte EIE-Captain Bruno Hollenstein den Gast in der achten Minute in Vorsprung. Keller hatte gegen den wuchtigen und präzisen Schuss nicht die geringste Abwehrchance. Das Treffen war damit lanciert. In der Folge verbissen sich beide Teams gegenseitig. Hüben und drüben schlichen sich im hektischen Abnützungskampf immer wieder kleine Flüchtigkeitsfehler ein. Im Abschluss sündigten die Spieler vorerst, scheiterten aber oftmals an den Keepern. Benjamin Ginesta konnte ein pfannenfertiges Zuspiel (missglückter Querpass von EIE-Verteidiger Stefan Dinkel) direkt vor Mike Häbig nicht zum Ausgleich nutzen (13.).
Zu Beginn des zweiten Drittels lief Illnau-Effretikon dem Gegner in einen klassischen Konter. Erst vergab die erste EIE-Linie angeführt vom wiederum stark aufspielenden Patrick Lamprecht vor Keller, dann reüssierte Benjamin Ginesta zum 1:1. Die Gäste drückten weiter, scheiterten aber immer wieder an André Keller. Chancen, den 2:1 Führungstreffer zu landen, hatte Illnau-Effretikon dutzendweise. Kam noch hinzu, dass Hollenstein in der 36. Minute nach einem schnellen Gegenangriff, welchen der EIE zu einer 3:1 Spielersituation vor Keller führte, nur den entfernten, linken Pfosten traf (36.). Auch EIE-Keeper Mike Häbig konnte sich über fehlende Arbeit nicht beklagen. Häbig handelte sich in der 37. Minute wegen Hakens eine Strafe ein. Diese überstand sein Team schadlos und Häbig verhinderte gegen Florinet einen weiteren Gegentreffer. Das Spiel verlief weiterhin verbissen und intensiv. EIE-Verteidiger Roman Hardmeier stieg angeschlagen in dieses Treffen und prallte in der 47. Minute mit dem gegnerischen Keeper Keller zusammen, derweil Häbig gegen Sven Cortesi klären musste.
Ab der 50 Minute zeichnete sich ein Showdown ab, wie man ihn sich nie und nimmer vorstellen konnte. Die letzten zehn Minuten waren an bisher erlebter Dramatik in einem EIE-Spiel nicht mehr zu überbieten. Die Ereignisse überschlugen sich. Lamprecht und Benjamin Wiederkehr scheiterten im Powerplay bei Ausschluss von Verteidiger Jannik Cantieni mehrfach an Keller. In diesem Überzahlspiel liess Illnau-Effretikon, das sich im gegnerischen Drittel festnagelte, den Puck geschickt und schnell laufen. Einziges Mako blieb der geforderte erfolgreiche Abschluss. Das Toreschiessen schien für die Oberländer zum Alptraum zu werden. Mit enorm viel Aufwand hatte die Mannschaft von Dieter Wieser/Werner Pfister bisher einzig den Führungstreffer von Hollenstein in der achten Spielminute realisieren können. Eine erneute Möglichkeit, per Powerplay das 2:2 zu erzielen, bekam der EIE mit dem Ausschluss von Janik Ehinger. Doch dann musste auch Ronnie Leuthold auf die Strafbank. Dann ging alles blitzschnell. Für die einen wohl zu schnell. Der EIE schaffte durch Verteidiger Patrick Hangartner den 2:2 Ausgleich. Kaum angespielt, führte der EIE durch Benjamin Wiederkehr 3:2. Innert 26 Sekunden hatten die Gäste aus einem 1:2 wieder eine Führung gemacht und überstanden während 17 Sekunden ein 5:3 Powerplay des Gegners (Ausschluss Leuthold und Hangartner). Lenzerheide-Valbella schaffte das 3:3 im Überzahlspiel, als Hangartner noch auf der Strafbank sass und machte, ebenfalls innert 26 Sekunden per Doppelschlag wieder das 4:3. Viele glaubten, dass den Platzherren mit diesem Treffer in der 57. Minute, als kurz vor Spielende die Vorentscheidung gelungen sei. Doch dann kam der EIE. Und wie! Severin Steinbrunner bezwang André Keller, nachdem zuvor Hollenstein und Hardmeier nicht erfolgreich waren. 58:09 – es stand 4:4. Der offene Schlagabtausch ging weiter. Das Treffen konnte wieder bei Null beginnen. Lenzerheide-Valbella beanspruchte sein Time-out. Vorentscheidend war dann der Stockschlag von Mario Parpan. Nach einem Bully vor Keller, erzielte ex-Captain Ronnie Leuthold im dramatischen Schlussfinale und zwanzig sekündigem Powerplay das 5:4. 33 Sekunden waren jetzt noch zu spielen und nun nahm auch Dieter Wieser sein Time-out (59:27). Kaum angespielt, traf Patrick Lamprecht zum 6:4. Keller reckte sich dabei die Schulter aus und musste zehn Sekunden vor der Schlusssirene vom Feld. Unmittelbar nach Spielende und nachdem die EIE-Akteure nach unglaublichem Finish das Treffen noch zu ihren Gunsten wenden konnten und diesen Sieg mit einem Indianertanz feierten, zeigten sich einige Bündner als schlechte Verlieren. Sie verliessen noch vor dem abschliessenden Shake-Hands total frustriert das Spielfeld und begaben sich vorzeitig in die Garderobe.
Lenzerheide-Valbella – Illnau-Effretikon 4:6 (0:1, 1:0, 3:5).- Sportzentrum Dieschen (Valbella).- SR: Marco Häusler/Andreas Gugel.- 70 Zuschauer.-
Tore: 8. Hollenstein (Kuhn) 0:1. 34. Benjamin Ginesta (Gruber/Keller) 1:1. 46. Cortesi (Janik Ehinger/Benjamin Ginesta) 2:1. 54:48 Hangartner (Lamprecht, Ausschlüsse Janik Ehinger/Leuthold) 2:2. 55:14 Benjamin Wiederkehr (Hollenstein/Lamprecht, Ausschluss Leuthold) 2:3. 56:31 Fabio Simeon (Mario Parpan/Christian Parpan), Ausschluss Hangartner 3:3. 56:57 Benjamin Ginesta (Florinet/Cortesi) 4:3. 58:09 Steinbrunner (Leuthold) 4:4. 59:27 Leuthold (Ausschluss Mario Parpan) 4:5. 59:50 Lamprecht 4:6.- Lenzerheide-Valbella: Keller (59:50 Gees); Mario Parpan, Gerhard, Schilt, Gruber; Membrini, Sascha Ginesta; Ivo Simeon, Fabio Simeon, Christian Parpan; Jannik Ehinger, Cantieni, Bergamin; Cortesi, Florinet, Sven Ginesta; Dennis Ehinger.- Illnau-Effretikon: Häbig; Hangartner, Sommer; Steinbrunner, Hardmeier; Dinkel; Lamprecht, Röder, Benjamin Wiederkehr; Grösser, Leuthold, Cédric Wiederkehr; Hollenstein, Wehrle, Kuhn; Frenzel.- Strafen: Lenzerheide-Valbella 8x2 Minuten; EIE 6x2 Minuten.- Bemerkungen: Lenzerheide-Valbella ohne Item, Hemmi und Thomas Simeon (alle verletzt); EIE ohne Koster, Markus, Fusco und Knecht (alle verletzt).- Time-outs: 59:07 Lenzerheide-Valbella; 59:27 EIE.- Pfosten: 35:10 Hollenstein; 59:50 Keller mit Schulterverletzung verletzt vom Feld, wird für die letzten zehn Sekunden durch Beat Gees ersetzt.